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FSC Kaltenkirchen I – FFC Nordlichter
Norderstedt III 5:1 (2:0)
Tore: 5:1 Wolgast (Herter)
Nordlichter-Aufstellung:
Ole Oestmann – Thorsten Fischer (70. Christoph Michaelsen) – Florian
Spohr, Henrik Möller – Andre Wolgast (55. Niels Furhop), Michel
Massing (30. Jan-Carsten Michaelsen), Tyrone Fitzgerald (65.
Alexander Fuhse), Niels Furhop (45. Michel Massing) – Christian
Schneider – Malte Müller-Michaelis, Alexander Fuhse (30. Mark Herter)
Fußball im Spektrum der Wissenschaften - Folge 8: Mathematik
Als er während der WM die deutsche Behindertennationalmannschaft
betreute, stellte Christoph Daum nüchtern fest: „Zum Fußballspielen
braucht man kein Abitur.“ Damit hat er mit Sicherheit recht. Was der
gute Herr Daum nicht erwähnt hat, ist, dass es zeitweise sogar
schädlich, weil überaus verwirrend sein kann, wenn man dem letzten
deutschen König mit zu viel allgemeiner oder auch spezieller Bildung
zu Leibe rücken will. So gibt es im Fußball zum Beispiel die eine
oder andere Feinheit, die durchaus dazu in der Lage wäre,
ausgewachsenen Spitzen-Mathematikern wegen der Vergewaltigung ihrer
Profession das Wasser in die Augen zu treiben.
Ein augenscheinliches Beispiel aus dem „großen Fußball“ stellt die
schrecklich schöne „Europa-Cup-Arithmetik“ dar. Nach dieser sehr
speziellen „Rechenkunst“ zählen im direkten Vergleich zweier
Mannschaften auswärts erzielte Tore doppelt, aber nur in dem Fall,
in dem die Tordifferenz in Hin- und Rückspiel dieselbe ist. So ist
im Zweifelsfall eine 2:3 Niederlage im fremden Stadion mehr wert als
ein 0:1, auch wenn das Tor zum 0:1 ein sensationeller Kunstschuss
war, den jeder im Stadion anerkennend beklatscht, während bei dem
2:3 die beiden selbst erzielten Treffer ein geschenkter Elfmeter und
ein Abseitstor waren sowie die drei Gegentore auf haarsträubenden
Abwehrfehlern basierten. Dagegen reicht ein sensationeller
5:4-Auswärtssieg ebenso wenig aus, eine 1:3-Heimniederlage
auszubügeln, wie ein zurecht gefeierter 5:4-Heimsieg ein 0:1 im
fremden Stadion ausgleichen kann. Böse Zungen behaupten, der
Versuch, diese Regelung logisch abzuleiten und in eine graphisch
darstellbare Form zu pressen, hätte Stephen Hawking in den Rollstuhl
gezwungen. Eine unabhängige Forschungsgruppe der Uli
Borowka-Universität in Hodenhagen hat zwar gerade einen Bericht
vorgelegt, nach dem diese Regelung super ist, weil sie
minderbemittelten Fußball-Kommentatoren die Möglichkeit bietet, sich
in jeder UEFA-Pokal-Runde wieder bis auf die Knochen zu blamieren,
in einem offenen Brief forderte eine ganze Reihe wesentlich
renommierterer Wissenschaftler diese Forschungsgruppe aber dezent
dazu auf, ich zitiere, „einfach mal die Schnauze [zu] halten“.
Unabhängig von der Frage, wann ein Auswärtstor denn nun als solches
verdoppelt werden darf und wann nicht, gibt es im Profifußball auch
in anderen Bereichen immer wieder Beispiele für mathematischen
Verwirrungen. Schon eine oder zwei Nullen (die aus mathematischer
Sicht nicht gerade hochwertig sind) können – auf einem Gehalts- oder
Handgeldscheck richtig platziert – dafür sorgen, dass einzelne
Spieler ein Trikot, das sie gerade noch inbrünstig geküsst haben,
von einer Woche auf die andere durch ein anderes ersetzen.
Aber man muss gar nicht auf die großen Bühnen des Weltfußballs
schauen, um festzustellen, dass Fußball und Mathematik einfach nicht
zusammenpassen. Auch im kleineren Kreisklasserahmen kann man die
eine oder andere Gleichung entdecken, die mathematisch schwer
aufgeht. Nehmen wir hier als Bei-spiel unser Spiel-bei (im Gegensatz
zur Mathematik passt die hohe Kunst der Wortspielerei ganz
hervorragend zum Fußball!) FSC Kaltenkirchen. Das ging mathematisch
schon denkbar schlecht los.
Weil mit Willers unser Trainer fehlte, übernahm Malte den eigentlich
dem Coach vorbehaltenen Job, am Treffpunkt die erste knifflige
Rechenaufgabe zu lösen: aus 15 eingeplanten einsatzfähigen und
-willigen Nordlichtern wurde durch 20 Filzsträhnchen (auf dem Kopf
von Holgi, der statt mit gegnerischen Vorstoppern lieber gegen die
eigenen Dreadlocks kämpfte) und 1 Splitter (im Fuß von Pike) so
wenig, dass die eigentlich schon gestrichene Nummer 16 (Christoph
Michaelsen) kurzerhand als 14 auf die Bank beordert wurde – alles
klar?
Für die Anfangsaufstellung bedeuteten diese kurzfristigen
numerischen Verschiebungen, dass ein bisschen (oder auch ein
bisschen mehr) Improvisation notwendig wurde. Hinten stopfte Henne
das entstandene Loch in der Innenverteidigung und im Sturm beorderte
Malte etwas überraschend Alli (wegen dessen guten
Trainingsleistungen) auf den Holgi-Posten. Ansonsten blieb die
einzige Veränderung in der ersten Elf, dass auf rechts Nille (nach
guter zweiter Halbzeit gegen KT) für Carsten starten durfte.
Ansonsten spielten mit Ole im Tor, Fischi als Libero, Florian in der
Innenverteidigung, Andre auf links, Michel und Tyrone im defensiven
Mittelfeld, Schneider hinter den Spitzen und Malte als ebensolche
hängende die üblichen Verdächtigen der letzten Wochen.
Dass Kaltenkirchen nicht das beste Pflaster für Zahlenspiele ist,
wussten wir vorher, weil wir (genauer der Kollege Christian
Schneider) hier in der letzten Saison 3 Punkte gegen 1 „Fair Play“
T-Shirt des DFB eingetauscht hatte – Schneider hatte ein Handspiel
in letzter Sekunde heldenhaft beim Schiedsrichter angezeigt, nachdem
dieser schon auf Tor entschieden hatte. Da wir aber in dem
betreffenden Spiel über 90 Minuten die bessere Mannschaft gewesen
waren, könnte man, um konsequent und außerdem im Bild zu bleiben,
durchaus behaupten, dass wir mit dem FSC noch eine Rechnung offen
hatten.
Nur ging die leider im heutigen Spiel nicht auf, weil die kalten
Kirchener von Anfang an erstaunlich guten Fußball spielten. Vor
allem in der Bewegung ohne Ball waren uns die Hausherren weit
überlegen und schafften es, den mathematisch durchaus überraschenden
Eindruck zu erzeugen, dass ihre 11 mindestens 2 mehr waren als
unsere 11 (11>11?!?). Während unsere Offensivbemühungen gegen 0
tendierten (Alli wurde bei seinem ersten Auftritt als Stürmer von
seinem Gegenspieler schnell die Wurzel gezogen), überraschte uns der
FSC immer wieder mit zwei bis drei Unbekannten, die für Überzahl im
Mittelfeld sorgten und kam folgerichtig schon recht früh zum 1:0.
Wir reagierten, brachten mit Mark (für Alli) und Carsten (für
Michel) zwei neue Variablen und kamen tatsächlich zu zählbarem
Erfolg. Malte spielte einen Pass auf den halbrechts in den Strafraum
startenden Schneider, der auf Mark querlegte – das war eigentlich
das 1:1, nur dass wir diese Rechnung ohne den Wirt (sprich
Schiedsrichter) gemacht hatten, der unseren regulären Treffer
einkassierte, weil er Mark (zum Zeitpunkt des Abspiels mit
Sicherheit hinter dem Ball) im Abseits wähnte.
So blieb es vorerst beim 0:1 – aber nicht lange! Denn während unsere
Hintermannschaft vermutlich noch die Wahrscheinlichkeit berechnete,
dass in der Kreisklasse mal irgendwann eine Abseitsentscheidung
richtig sein könnte (wobei man die Position des Schiedsrichters im
Mittelkreis mit einkalkulieren muss), legte der FSC zum 0:2 nach.
Nur kurze Zeit später hätten die Gastgeber dann eigentlich auch zum
dritten Mal treffen müssen, begnügten sich statt dessen aber mit dem
mathematisch wiederum schwer nachvollziehbaren Beweis, dass es im
Fußball eben doch auch möglich ist, Chancen zu vergeben, die mit
100prozentiger Wahrscheinlichkeit zu Toren führen sollten: Einer
parabelförmigen Flanke von links konnte nahezu unsere gesamte
Hintermannschaft (in vorderster Front Florian, Fischi und Ole) durch
großartigen akrobatischen Einsatz so weit ausweichen, dass ein
Kaltenkirchener sich plötzlich 5 Meter vor unserem Tor ganz alleine
mit dem Ball wiederfand. Von diesem unwahrscheinlichen Glücksgefühl
übermannt, stolperte er die Kugel nicht einfach so über die Linie
(was durchaus leicht und nebenbei alles andere als schwer gewesen
wäre), sondern schoss Florian an, der bei diesem zweiten Versuch aus
kurzer Distanz keine Möglichkeit mehr sah, seinen Körper noch aus
der Schussbahn zu bewegen. Und auch wenn im Fußball für gewöhnlich
der geometrisch überaus bedenkliche Grundsatz gilt, dass das Runde
ins Eckige muss, war in diesem Fall die folgende Ecke nicht das, was
der Stürmer erreichen wollte.
So ging es „nur“ mit 0:2 in die Pause und auch wieder raus. Michel
kam nach seiner selbstverordneten Pause zurück (für Nille, der nach
seiner starken zweiten Halbzeit in der Vorwoche dies mal – wie
eigentlich die gesamte Mannschaft – recht indisponiert wirkte),
sonst blieb alles beim Alten, einschließlich der Tatsache, dass der
Schiri in entscheidenden Situationen nicht unser Freund werden
wollte. Kurz nach Wiederanpfiff legt sich Malte den Ball im
Strafraum an seinem Gegenspieler vorbei, der ihm den Gefallen tut,
trotzdem zu grätschen. Malte nimmt das Angebot zum taktisch klugen
Fallen dankbar an, der Elfmeterpfiff bleibt aber aus. Trotzdem
stecken wir jetzt mitten in unserer stärksten Phase und wollen auch
ohne Gegner- und Schirihilfe zurück ins Spiel.
Schneider kommt nur wenig später nach einer schönen Flanke von
rechts ganz alleine zum Kopfball, platziert diesen aber sehenswert
neben dem Tor – wenn hier der Anschluss fällt, ist vielleicht noch
einiges möglich. Statt dessen passiert auf der Gegenseite eigentlich
Unmögliches: Carsten, der normalerweise so schnell rennen kann, dass
er gerne auch mal früher irgendwo (und auf diesem irgendwo liegt die
Betonung!) ankommt, als er losgelaufen ist, lässt sich auf unserer
rechten Abwehrseite von seinem Gegenspieler einfach mal so die
Hacken zeigen. Eben dieser Gegenspieler legt quer und damit auf zum
0:3 – spätestens jetzt sind wir sehr deutlich angezählt.
Dann holt der Schiedsrichter seinen Rechenschieber raus, erklärt dem
FSC die Gleichung (2*g)6 = 10:11 (Kaltenkirchens Nr. 6 sieht für
wiederholtes Meckern zum zweiten Mal gelb, so dass wir gut zwanzig
Minuten in Überzahl spielen), und die Gastgeber überraschen uns
erneut dadurch, dass sie eine Unterzahl aussehen lassen wie eine
Überzahl, indem sie sich selber und den Ball immer noch gut bewegen.
Wir riskieren jetzt alles, lösen den Libero auf, spielen hinten
1-gegen-1 und lassen uns dafür bestrafen. Henne vertändelt den Ball
im Aufbau, Eis-Kaltenkirchen nutzt die sich bietende Chance zum 0:4.
Ole im Tor hat spätestes jetzt keine Lust mehr, verfällt zunehmend
in Sarkasmus (Ballverluste der eigenen Mannschaft werden mit
Kommentaren wie „Sehr gut“ nicht unbedingt aufgewertet) und bekommt
zur Strafe gleich noch einen eingeschenkt – wieder legt Henne seinem
Gegenspieler einen Ball auf, und es steht 0:5.
Danach lässt es der FSC etwas ruhiger angehen, wir erhöhen die
Schlagzahl noch mal ein bisschen, kommen zu vielen Chancen, von
denen aber wenige wirklich zwingend sind. Einmal rutscht ein Ball
über Schneider und Mark aber doch durch zu Andre, der inzwischen nur
noch Linksaußen spielt und die Kugel aus zwölf Metern mit seinem
allseits gefürchteten Außenrist unter die Latte hämmert – wenigstens
das 1:5.
Alli versucht jetzt noch mal alles, um zumindest moralisch das
bestmögliche Ergebnis aus diesem Spiel herauszuholen, indem er
seinen Gegenspieler fragt: „Das haben wir uns doch auch verdient,
oder?“ Der ist so höflich, einfach nur mit den Schultern zu zucken,
anstatt laut auszusprechen, was zumindest der Maulwurf an der Stelle
dachte: „Nein, eigentlich nicht!“
Unterm Strich hat uns der FSC eine (Mathe-)Lehrstunde erteilt. Bei
uns haben alle Anwesenden eine Leistung abgerufen, die ungefähr beim
Mittelwert zwischen Nix und Gar Nix gelegen haben dürfte. Und so
bleibt uns am Ende zumindest die absolute Gewissheit, dass
Mathematik und Fußball aber auch gar nichts miteinander zu tun
haben. Die Gleichung 14*0 [sprich 14 Nordlichter mal 0 Leistung] =
1:5 wird rechnerisch nie aufgehen, sonntags auf einem Bolzplatz in
Kaltenkirchen ist sie aber eben doch manchmal irgendwie
folgerichtig.
Play of the Day: Muss das 1:5 sein. Andre kann es nun mal nur mit
Außenrist – solange er die Pille damit ins Netz schweißt, darf er es
gerne öfter probieren.
Nordlichter des Spiels: Holgi und Pike, weil sie bei dem Debakel
nicht dabei waren! Vor allem unser Top-Torjäger hat heute an allen
offensiven Ecken und Enden gefehlt; ein bisschen schade für ihn ist,
dass wir ihm jetzt in der kommenden Woche jede seiner Dreads einzeln
ausreißen müssen, weil ein Friseur-Termin eine denkbar ungünstige
Ausrede ist, um ein Fußballspiel abzusagen!
Prunkstück der Woche: Wird nach so einem Komplettausfall als
Wertungskategorie mit sofortiger Wirkung wieder eingestampft, weil
wir eben doch alle zusammen verlieren (und hoffentlich schon das
nächste Spiel wieder gewinnen)! |
Quelle: Maulwurf |
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